An diesem Morgen um sieben war in Amman die Welt nicht mehr in Ordnung. Kurz zuvor war ein Wolkenbruch niedergegangen, wie ihn die Hauptstadt des haschemitischen Königreiches noch nicht oft erlebt hatte. Der Verkehr kam binnen einer Viertelstunde zum Erliegen. Alle Straßen in den tiefergelegenen Stadtteilen waren zu reissenden Lehmflüssen geworden, auf denen Pappkartons und Kinderschuhe, Apfelsinenschalen und Unrat dahintrieben. Taxis und Arbeiterbusse standen kreuz und quer bis über die Achsen im Wasser. Autofahrer klappten die Motorhauben hoch und schauten ungläubig ins Innere ihres Gefährts, um es schließlich resigniert da stehen zu lassen, wo es seine Pferdestärken aufgegeben hatte.
Niemand wurde mit dieser Naturgewalt fertig, die wie ein Spuk gekommen und nach einer halben Stunde schon verschwunden war. Die Häuser auf den sieben Hügeln der Stadt lagen wieder in der Sonne, erdfarben wie der Wüstenboden, auf dem sie gebaut sind. Die 4 000 000 Menschen, die in Amman leben, nahmen das Durcheinander dieses Tages mit der Gelassenheit ihrer Rasse hin. Ihre Keller würden in einigen Tagen wieder trocken sein, sobald die Kraft der Sonne bis dorthin gedrungen war.
Die Träger am Flughafen fischen unsere Gepäckstücke aus dem Unterbauch des Busses, wo sie fröhlich herumschwammen. Wir waren 90 Minuten zu spät. Aber auch die Besatzung der Maschine nach Aquaba war noch nicht eingetroffen. Dieses Land hat Zeit in Fülle - und genügend dampfenden Kaffee, um die Zeit auszufüllen.
Irgendwann an diesem Tage erhebt sich dann auch unser Flugzeug in die Luft, überfliegt den Djebel Ashrafieh, Ammans höchsten Hügel mit seiner zweifarbigen Moschee, und wendet sich nach Süden. Man sieht: Die Händler in der König-Talal-Strasse haben ihre eisernen Rolläden hochgezogen. Die Wechsler werden nun darüber nachdenken, welchen Kurs sie heute den Touristen aus aller Welt einräumen oder einreden sollen. Das Halbrund des römischen Theaters ist leer. Amman, das antike Philadelphia, entschwindet unseren Blicken.
Nicht immer ist nur Wüste unter uns. Das grüne Jordantal grüsst herüber. Mit Wasser aus dem König-Talal-Stausee, das durch kunstvolle Kanäle fließt, ist es unter großen Mühen fruchtbar gemacht worden. Man hat Kiefer- und Eichenwälder anggepflanzt. Ein gutes Jahr bringt zwei bis drei Ernten. Der "Garten des Mittleren Ostens" ist wichtig für die Wirtschaft des Landes.
Fortsetzung: Die Bucht von Aquaba - der einzige Hafen Jordaniens >>
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