Dithmarschen - das ist die Gegend hoch im Norden Deutschlands zwischen den Flüssen Elbe und Eider und der Nordsee - flach, windig und spröde. Die Leute sind knorrig und rollen das R auf eigentümliche Weise. Wenn sie ihren Dialekt sprechen, versteht der Fremde sie kaum, aber in der Kneipe tauen sie nach ein paar Schnäpsen auf. Die meisten sind erdverbundene Bauern, stolz auf ihre schmucken Höfe und ihr fruchtbares Land.
Viel Kohl wird hier angebaut - 80 Millionen Krautköpfe wurden im letzten Jahr geerntet, sodass auf jeden Deutschen einer kommt. Aber auch Weizen und Korn, auf riesigen Flächen, biegen sich im Wind. Und auf den Weiden stehen bei jedem Wetter Pferde in großer Zahl. Auch die Fischer an der Küste haben eine reiche Ernte. Diese Kombination von Ackerbau und Fischreichtum brachte Wohlstand ins Land. Die Menschen haben in Jahrhunderten dem Meer fruchtbares Marschland abgerungen, mühselig Deiche gebaut und sich auf diese Weise ihr ganz eigenes Landschaftsbild geprägt.
Die gute Luft und das Reizklima an der Küste haben sie vom lieben Gott mitbekommen und nützen es nun für sich, indem sie Touristen in ihre Welt Einlass gewähren. Am Wattenmeer vor dem Nordseeheilbad Büsum mit seinen Prielen, Salzwiesen, Buchten und Sandbänken kann man bei jedem Wetter stundenlang spazierengehen. Allerdings nicht auf den Seehundbänken oder in den Brut- und Mausergebieten. Wenn man nicht im Meer baden kann, besucht man das Wellenbad in Büsum oder lernt im Kurhaus, wie man Krabben schält und wie man sie zubereitet. Die Krabbenkutter liegen im Fischereihafen; dort kann man fangfrische Krabben kaufen. Im Sommer gehen hier auch die Ausflugsschiffe nach Helgoland ab - nicht jeder übersteht die Fahrt ohne seekrank zu werden.
Büsums Kureinrichtungen sind bekannt: Hier werden vor allem Krankheiten der Atmungsorgane und der Haut behandelt, aber auch Erschöpfungszustände und viele Kinderkrankheiten. Das gleiche gilt auch für das Kurmittelhaus Friedrichskoog, in dem man unter anderem eine offene Badekur machen kann, während man die Kinder in einem bunten Spielbus abgibt. Gerade für Familien wird in ganz Schleswig-Holstein seit jeher viel getan, so auch in Dithmarschen, wo man in den fünf Städten, den 112 Gemeinden und auf vielen Bauernhöfen Zimmer und Ferienwohnungen finden kann.
An stürmischen Tagen sollte man in Dithmarschen Windmühlen besuchen gehen. Die schönste Mühle steht bei Friedrichskoog. In ihr wird freilich kein Korn mehr gemahlen; hier werden Ehepaare getraut - vor allem an windigen Tagen, denn das soll Glück und Wohlstand bringen. Eine ganz andere Art von Windmühlen erstaunt an der Westküste: Dort, im Kaiser-Wihelm-Koog bei Marne, drehen sich zweiunddreißig Rotoren in luftiger Höhe und erzeugen Energie, also Strom, und verdienen ihren Betreibern eine Menge Geld. Aber sie kosten auch. Natur- und Landschaftsschutzvertreter brauchten lange, bis sie überzeugt werden konnten, ihre grünen Wiesen für die seltsamen weißen Riesenapparate mit den großen Flügeln herzugeben. Aber inzwischen ist man beeindruckt von der Leistungskraft dieser Energiespender. Ob die Rotoren schön sind, ist eine andere Frage, Fremdkörper bleiben sie in dieser Landschaft allemal. Im Informationszentrum Sommerdeich können Sie ein Windrad von innen betrachten und auch sonst alles Wissenswerte erfahren.
Lustiger sind da schon die großen bunten Stahlvögel der Künstlerin Frizti Metzger, die im Juni 1998 auf einer Wiese im Speicherkoog bei Meldorf "ausgewildert" wurden. Die Stahlskulpturen sind jetzt für immer im Marschboden verankert, auf dass sie Kunstliebhaber erfreuen; die Bauern in der Gegend haben sich ebenfalls daran gewöhnt. Alte Kunst findet man in den wunderschönen Dithmarscher Kirchen. Meist stehen sie trutzig in der Mitte des Dorfes - oder Kirchspiels, wie das hier heißt - auf einem Hügel. Mensch und Vieh konnten sich so bei einem Deichbruch retten, wenn der Hof schon überschwemmt war. Man ist hier protestantisch; deshalb sind die Kirchen nicht protzig mit barockem Gold überladen, sondern schlicht, still und beschützend. Die von Mehldorf ist die bedeutendste an der Westküste; deshalb sprechen die Einheimischen stolz von ihrem Dom. Sie ist eine dreischiffige Backsteinbasilika mit einem mächtigen gotischen Kuppelgewölbe. Die Kanzel stammt aus der Renaissance, der Schnitzaltar aus dem Jahr 1502. Das Chorgitter aus Eichenholz wurde 1603 geschnitzt.
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